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Was ist Systemic Team Coaching nach Peter Hawkins

  • Autorenbild: Moritz Hohenthal
    Moritz Hohenthal
  • 12. Sept.
  • 4 Min. Lesezeit

Systemic Team Coaching, wie es von Peter Hawkins beschrieben wurde, versteht ein Team nicht nur als eine Gruppe von Personen, die Aufgaben gemeinsam erledigt, sondern als ein komplexes, lebendiges System. Dieses System ist immer eingebettet in größere Zusammenhänge: die Organisation, in der es arbeitet, die Stakeholder, für die es Leistungen erbringt, und die Umwelt, mit der es interagiert. Diese systemische Perspektive unterscheidet den Ansatz grundlegend von klassischen Formaten wie Teamentwicklung oder Teambuilding.


Teamentwicklung richtet ihren Blick in erster Linie nach innen. Sie zielt auf die Verbesserung von Abläufen, Strukturen und Rollenverteilungen. Dabei geht es häufig um Fragen wie: Sind die Zuständigkeiten klar? Funktionieren die Prozesse? Gibt es klare Kommunikationswege? Diese Arbeit ist wertvoll, aber sie bleibt auf das Innenleben des Teams fokussiert. Teambuilding wiederum arbeitet stark auf der Beziehungsebene. Es nutzt gemeinsame Erlebnisse, Spiele oder außergewöhnliche Aktivitäten, um Vertrauen zu schaffen, Bindung zu fördern und den Teamgeist zu stärken. Auch dies ist bedeutsam – doch oft bleibt der Effekt kurzlebig, wenn er nicht in den Alltag integriert wird.


Systemic Team Coaching setzt hier an und geht einen entscheidenden Schritt weiter: Es integriert die innere Zusammenarbeit mit der äußeren Verantwortung und Wirkung des Teams. Es reicht nicht, dass ein Team intern harmonisch funktioniert oder effiziente Prozesse hat. Entscheidend ist, dass es seinen Auftrag kennt, ihn sinnvoll erfüllt und dabei im Zusammenspiel mit Stakeholdern und dem größeren organisationalen Umfeld wirksam ist. Der Blick richtet sich deshalb sowohl nach innen als auch nach außen. Teams werden befähigt, ihr Handeln im Kontext zu reflektieren und ihre kollektive Leistung in Bezug auf die Umwelt zu steigern.


Eine weitere Besonderheit des Systemic Team Coaching liegt in seiner Form der Anwendung. Es ist kein punktuelles Ereignis, sondern ein Prozess. Zwar können Workshops und Retreats wichtige Impulse geben, doch die eigentliche Kraft entfaltet sich in der Kontinuität. Coaching wird nicht als Ausnahmezustand betrachtet, sondern als integrierter Teil des Alltags. In regelmäßigen Teammeetings können Phasen der Reflexion eingebaut werden: Welche Muster prägen unsere Zusammenarbeit? Sind wir noch klar in unserem Auftrag? Welche Stakeholder müssen wir stärker einbeziehen? Welche Lernschritte nehmen wir aus unseren Erfahrungen mit? So wird Coaching zu einer Haltung, die den Teamalltag begleitet, anstatt eine Sonderveranstaltung zu bleiben.


Um diesen Prozess zu strukturieren, beschreibt Hawkins fünf Disziplinen, die den Weg der Teamentwicklung im systemischen Sinn leiten:

  • Commissioning: Zentrale Fragen sind hier, warum es das Team gibt und welchen Beitrag es leisten soll. Oft sind diese Fragen nicht eindeutig geklärt. Teams, die ihren Auftrag und ihre Stakeholdererwartungen nicht klar kennen, verlieren leicht an Orientierung und Sinn. Das systemische Coaching bringt diesen „Purpose“ ins Bewusstsein und verankert ihn.

  • Clarifying: Selbst wenn der Auftrag klar ist, bleibt häufig offen, wie er umzusetzen ist. Wer trägt welche Verantwortung? Welche Ziele sind vorrangig? Welche Prozesse sichern unsere Zusammenarbeit? Diese Disziplin schafft Struktur und Orientierung, ohne in Überorganisation zu verfallen.

  • Co-Creating: Ein Team ist mehr als die Summe seiner Einzelmitglieder. Erst durch die Gestaltung von Beziehungen, Entscheidungswegen und Kommunikationsmustern entsteht echte Zusammenarbeit. In dieser Disziplin geht es um Fragen der Kultur, des Vertrauens, des Umgangs mit Konflikten – kurz: um das „Wie“ des Miteinanders.

  • Connecting: Kein Team arbeitet im luftleeren Raum. Es steht in Beziehung zu Kunden, Partnern, anderen Abteilungen, manchmal auch zu Politik oder Gesellschaft. In dieser Disziplin geht es darum, wie das Team diese Beziehungen gestaltet und wie es seine Wirkung über die eigenen Grenzen hinaus entfaltet. Gerade dieser externe Blick macht Systemic Team Coaching besonders – er verhindert, dass Teams sich nur mit sich selbst beschäftigen.

  • Core Learning: Dauerhafte Wirksamkeit entsteht nur, wenn ein Team fähig ist zu lernen. Dazu gehört die Reflexion vergangener Erfahrungen, die gemeinsame Verarbeitung von Erfolgen und Misserfolgen und das Entwickeln neuer Verhaltensweisen. Teams, die eine Lernkultur entwickeln, bleiben anpassungsfähig, resilient und zukunftsorientiert.


Diese Disziplinen zeigen, dass es im Kern nicht darum geht, kurzfristige Effizienz zu steigern, sondern Teams auf eine tiefere Weise zu befähigen. Es entsteht ein kontinuierlicher Zyklus: Auftragsklärung – Strukturen schaffen – Zusammenarbeit gestalten – Beziehungen pflegen – Lernen verankern – und wieder von vorne.


Im Vergleich zu klassischen Formaten liegt die besondere Stärke von Systemic Team Coaching also in seiner Nachhaltigkeit. Die Begleitung erstreckt sich über Monate oder Jahre, oft parallel zu realen Projekten, Krisen oder Veränderungsprozessen. Das Coaching ist eng mit dem Arbeitsalltag verwoben und erzeugt dadurch praktische Relevanz. Teams entwickeln so nicht nur kurzfristig bessere Abläufe, sondern bauen langfristige Fähigkeiten auf: die Fähigkeit, sich selbst zu reflektieren, Verantwortung zu übernehmen, mit Unsicherheit umzugehen und in komplexen Umwelten handlungsfähig zu bleiben.

Der Nutzen zeigt sich in mehrfacher Hinsicht. Teams gewinnen mehr Klarheit über ihre Identität und ihren Zweck. Sie lernen, interne Dynamiken konstruktiv zu gestalten, Spannungen produktiv zu nutzen und Konflikte nicht zu vermeiden, sondern für Entwicklung zu gebrauchen. Sie richten sich stärker an Stakeholdern aus und werden dadurch relevanter und anschlussfähiger. Und sie verankern eine lernende Haltung, die sie für künftige Herausforderungen wappnet.


Systemic Team Coaching ist damit kein Zusatzangebot „für gute Zeiten“, sondern eine Schlüsselressource in Umfeldern, die von Veränderung, Komplexität und Unsicherheit geprägt sind. Es unterstützt Teams darin, sich nicht nur als Arbeitseinheiten, sondern als aktive Gestaltungskräfte in einem größeren System zu verstehen. Diese Perspektive verschiebt den Fokus: Weg vom reinen „Wie arbeiten wir zusammen?“ hin zum „Wofür sind wir da – und wie können wir im Kontext unserer Umwelt wirksam bleiben?“.

 

 
 
 

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